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Autorin Lena Johanna Hödl im Porträt über das Schreiben, Stigmatisierung psychischer Krankheiten und sadomasochistische Jugendgruppen

„Der folgende Texte handelt von Depressionen, Suizid, Angststörung, Essstörung, Drogen…hab ich irgendwas vergessen? Naja, also das war die Triggerwarnung“. So nüchtern, wie Lena Johanna Hödl ins Mikrofon spricht, wirkt es fast zynisch, dabei ist es nur ihre ungefilterte Ehrlichkeit, die jetzt das Publikum im Café Aera in verlegenes Lachen versetzt. Lena steht auf der Bühne in ihrem langen roten Kleid und dem karierten Flanellhemd um die Hüften gebunden. Ihr Nasenseptum glitzert im grellen Scheinwerferlicht. Lena braucht keine Bühne, um gesehen zu werden.

Die 24-Jährige hat 2019 bereits eine erste, kürzere Textsammlung im Achseverlag veröffentlicht: „Es wäre lustig, wenn es nicht so traurig wäre“. Der Debütroman folgte ein Jahr später. „Emotionaler Leerstand im privaten Eigentum“ ist ein Coming-Of-Age Roman über alle Personen in Lenas Leben, in die sie je verliebt war: 21, teils toxische, Beziehungen von der Kindheit bis zur Adoleszenz. Der autobiographische Roman liest sich tragisch und komisch zugleich, Ernsthaftigkeit trifft auf Ehrlichkeit. Die Schilderungen sind oft pointiert, teils zynisch. Sexuelle Erfahrungen, manchmal gewaltvoll, werden explizit beschrieben. Der „emotionale Leerstand“, als Metapher für die depressiven Phasen, zieht sich dabei durch das ganze Buch.

Bühnenkunst unter dem Pseudonym „378“

Mittlerweile tritt Lena nur noch auf Poetry Slams auf, wenn sie dafür eine Gage bekommt. So auch an diesem Freitagabend beim „Ganz gesunden Poetry Slam“, veranstaltet vom Künstler*innen-Kollektiv FOMP und dem Berufsverband Österreichischer Psycholog*innen (BÖP).

Poetry Slam ist ein moderner Dichterwettstreit, bei dem Teilnehmende selbstgeschriebene Texte innerhalb eines gewissen Zeitlimits vortragen und anschließend vom Publikum gewertet werden.

Das erste Mal ist Lena mit 15 Jahren beim Grazer-Kultum-Slam aufgetreten. Unterstützung hatte sie dabei von ihrer Deutschlehrerin, die sie während der gesamten Oberstufenzeit stetig „gepusht“ und ermutigt hat, Texte bei Schreibwettbewerben einzureichen.

Vor ein paar Jahren ist Lena noch unter dem Künstelerinnamen „378“ aufegetreten: „Mit 19 habe ich sehr extreme, sehr kontroverse und sehr polarisierende Texte geschrieben, von denen ich nicht wollte, dass sie mit meinem echten Namen in Verbindung gebracht werden.“ Zu dem Namen 378 kam es dann als Lena bei einem Stammtisch der SMJG war, einer sadomasochistischen Jugendgruppe. Weil die Leiterin ebenfalls Lena hieß, wurde aus Lena Johanna Hödl kurzerhand Lena 378. „Ich war sehr wild, sehr verloren, sehr unglücklich und hatte nicht wirklich Freunde“, erzählt Lena rückblickend, „und mit der Zahl konnte ich mich mehr identifizieren als mit meinem eigenen Namen. Eine Zahl ist gender-neutral, an „Lena“ hat man vielleicht Erwartungen, aber an eine Zahl nicht, da kann sich niemand was drunter vorstellen, man ist unvoreingenommener. 378 könnte ein Fabelwesen sein, ein Alien oder ein Laborprojekt.“

Seitdem Lena besser mit sich selbst klar kommt, hat sie den Künstlerinnamen vor zwei Jahren abgelegt. „Ich stehe jetzt voll hinter der Kunst, die ich mache und zu mir als Mensch und Persönlichkeit. Da möchte ich natürlich gerne, dass mein Name, damit in Verbindung steht.“

Spieglein, Spieglein an der Wand

Auch auf Instagram zeigt sich die Künstlerin heute selbstbewusster. In ihrer Bio beschreibt sie sich simpel als „Schauspielerin, Autorin, interessant“. Zu ihren letzten Posts zählt ein Spiegelselfie in roter Spitzenunterwäsche mit der Bildunterschrift: „Wenn du deinen Körper nirgendwo repräsentiert siehst, musst du deine eigene Repräsentation sein (Bitte hört auf, mich zu fragen, ob ich schwanger bin)“. Nicht umsonst wurde sie an diesem Abend eingeladen, bei dem „Ganz gesunden Poetry Slam“ zu performen: Der Themenschwerpunkt liegt auf psychischer Gesundheit, Essstörungen und Schönheitsidealen.

Von Prinzen auf Gummipferden zum Schreiben als Therapie

Dass sie gut schreiben kann, hat die gebürtige Steirerin bereits in der Volksschule gemerkt:„Schreiben ist eine Sache, die ich gut kann und die mir auch niemand nehmen kann“.  In der Unterstufe steigerten sich ihre Hausübungen dann zu „wahnsinnig absurden und komplett dadaistischen“ Geschichten „mit Prinzen, die auf Gummipferden durch die Gegend hüpfen“. Lenas Texte bewegen, inspirieren und schockieren. Nachdem sie auf einem Schul-Slam einen „komplett suizidalen“ Text vorgetragen hat, wollte Lenas Lehrerin sie zur Schulpsychologin schicken. Das Schreiben hat Lena deshalb in erster Linie als Therapie angesehen: „Ich glaub schon, wenn ich nicht Poetry Slam gemacht hätte und offen über meinen ständigen Liebeskummer und meine Depressionen geschrieben hätte, dass ich dann nicht mehr am Leben wäre.“

Ihr Vorbild ist Schauspielerin und Produzentin Charlotte Roche. Die „Feuchtgebiete“-Autorin berichtet ebenfalls sehr detailliert über ihr Privatleben. „Dadurch, dass sie sich extrem öffnet, ist sie immun gegen die Kritiker“, meint Lena, „Ich selbst erzähl Leuten innerhalb von zwei Minuten meine Lebensgeschichte, ich glaube, es wäre schwieriger nicht offen über meine Probleme zu schreiben“. Die meisten Leute würden sich jedoch viel zu spät Hilfe holen. Psychische Krankheiten sind immer noch stark stigmatisiert. Lenas Texte machen jedoch Mut und zeigen, dass man sich nicht dafür schämen sollte: „Es ist 2020 uns geht’s allen dreckig“. Dass sie anderen Leuten mit ihren literarischen Werken hilft, sei jedoch keinem altruistischen Beweggrund zuzuschreiben: „Ich bin einfach mega narzisstisch, ich laber voll gerne über mich selbst.“ Und an diesem Abend im Aera hört das Publikum ihr gebannt zu. Applaus erklingt, Scheinwerferlicht erlischt. Aber diese Präsenz, die eine Mischung aus Mühelosigkeit und Exzentrik ausstrahlt, versprüht Lena Johanna Hödl auch abseits der Bühne.

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